Chronik 1921 – 1971
Das Vereinsleben unseres Schützenvereins kann man nur mit dem Werdegang der Gemeinde Lichtenhorst betrachten. Beides ist eng miteinander verbunden und darf nicht voneinander getrennt werden. Sinngemäß sind auch die Geleitworte in der Festschrift von Bürgermeister Hegmann anläßlich des S0jährigen Vereinsjubiläums zu verstehen: ,, … Als Träger aller Volksfeste innerhalb unserer Dorfgemeinschaft bestand immer ein gutes Einvernehmen zwischen Schützenverein und Gemeinderat … „
Unter großen Entbehrungen in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg entstand der Ort Lichtenhorst. Den Namen wählte der Kreisausschuss Neustadt aus, da es denselben in Deutschland bisher nicht gab. So einmalig wie der Name waren auch die Verhältnisse und die Menschen. Hier wurde ein hartes Brot gebacken. Die Zufahrtswege zu den angrenzenden Gemeinden, die Kosten der öffentlichen Gebäude wie Schule, Gemeindehaus, Spritzenhaus, Lehrerwohnung und Kirche wurden der Kaufsumme der landwirtschaftlichen Nutzfläche zugeschlagen, und somit den einzelnen Siedlern auferlegt.
Wer unter diesen Umständen dennoch hier siedelte, muss wohl als ganz besonders tüchtig und fähig angesehen werden. Es waren also Menschen, auf die wir stolz sein dürfen, weil sie sich unter schwierigsten Bedingungen bewährt haben.
So ist es nicht verwunderlich, dass bereits 1920 ein Schützenfest abgehalten wurde; denn diese harten und tüchtigen Leute wussten wohl, dass zur täglichen schweren Arbeit auch mal die Abwechslung gehört. Daher setzten sich die eingangs erwähnten Siedler am 30. Mai1921 zusammen und gründeten den Schützenverein Lichtenhorst. Sinn und Aufgabe dieses Schützenvereins sollte es sein, jährlich ein Schützenfest und ein Erntefest auszurichten, um neben der harten und entbehrungsreichen Arbeit nicht Frohsinn und Heiterkeit zu vergessen. Außerdem sollte der Gemeinschaftssinn gefördert und erhalten werden. Diese Aufgaben hat der Verein bis zum heutigen Tage stets im Auge behalten und, wie wir meinen, auf das beste gelöst.
Statuten des Schützenvereins Lichtenhorst aus dem Jahr 1921:
Im 1. Paragraph der Vereinsstatuten „Zweck des Vereins“ heißt es:
Der Schützenverein hat den Zweck, jährlich ein Schützenfest, verbunden mit Preisschießen, abzuhalten sowie den Gemeinsinn zu beleben und die bürgerliche Eintracht zu fördern. Vorträge über Religion und Politik sind gänzlich ausgeschlosssen.
Mit der Gründung des Schützenvereines kamen natürlich auch die ersten Probleme. Wie sollte man ohne Schießstand den Schützenkönig ermitteln und wo wollte man tanzen. Aber das war für unsere Väter keine Schwierigkeit. Man schoss mit einem Wehrmachtskarabiner im Graben, und getanzt wurde in einem Zelt. Aus den Protokollen ist ersichtlich, dass die alten Patronenhülsen wieder gefüllt wurden, dass man stehend freihändig schoss, dass man das Zelt mit Pferd und Wagen holte und dass die Schützenbrüder es auch auf- und abbauten.
So hart wie das Leben hier, waren auch die Sitten. Ein Fehlschuss – oder wie wir heute sagen, eine Fahrkarte – bedeutete damals eine Mark Strafe in die Vereinskasse. Das war sehr viel Geld. Um die Königswürde wurde immer erbittert gerungen. Es waren stets mehrere Anwärter, die erst durch Umschießen den wirklich würdigen König unter sich ausmachten. So ist es auch bis heute geblieben – ein „Schieben“ hat es nie gegeben.
Bereits im ersten Jahr konnte ein Wintervergnügen veranstaltet werden, und ein Theaterstück kam zur Aufführung. Mit großer Begeisterung fanden sich dafür geeignete Laienspieler zusammen. Im Verlauf der Jahre sind die Theaterabende, die später von der Feuerwehr übernommen wurden, Tradition geworden.
Zu den schönsten Erinnerungen an die frühen Siedlerjahre in Lichtenhorst gehören für Annemarie von Weyhe die Schützenfeste, auf denen die Gemeinschaft gepflegt und unbeschwert gefeiert wurde. In ihren „Lebenserinnerungen“ widmet sie den Schützenfesten deshalb einen längeren Abschnitt und schildert darin persönliche Erlebnisse, die sich ihr eingeprägt haben. Sie sollen hier wiedergegeben werden: „Das Schützenfest feierten wir zwei Tage hindurch, möglichst ohne Unterbrechung. Dagegen begnügten wir uns bei der Feier des Erntefestes mit einem Tag.
Die ersten Schützenfeste im Zelt waren urgemütlich. Das ganze Dorf feierte wie eine große Familie. Da wir ja alle keine Reichtümer besaßen, hielten wir um so fester zusammen. Es wurden viele bunte Tänze getanzt, und auch Oma und Opa machten mit. Natürlich gab es auch den „Drachenfels“ (Klatschtanten). Wenn zwei junge Leute öfter als einmal miteinander tanzten, wurde dies gebührend durchgehechelt. So wollten sie auch mich das eine Mal mit Willi Heyer, dann wieder mit Heinrich Mütze verkuppeln. Doch viele schöne Erinnerungen sind mir noch im Gedächtnis an die ersten Schützenfeste haften geblieben. Soviel ich weiß, war Dietrich Hunte der erste Schützenkönig. Beim Ummarsch saß man hoch zu Roß oder fuhr mit Pferd und Wagen.
Den ersten Tiefpunkt erlebte der Verein bereits nach zwei Jahren. Im Zeichen der Inflation wurde 1923 der Eintritt zum Schützenball auf den Preis für ein Glas Bier festgesetzt. Laut Kassenbuch spielte am 24. Juni 1923 die Musik zum Schützenfest für 500.000 Mark. Eine Flasche Talkum gab es für 12.000 Mark.
In das Protokoll vom 29. März 1924 wurde eingetragen:
Eine Abrechnung über das letzte Geschäftsjahr ist nicht nötig, da infolge der Geldentwertung alles seinen Wert verloren hat. Der Verein hat weder Guthaben noch Schulden.
1927 wurde ein neuer Schießstand im Bürgerforst errichtet und es sollte ein eigenes Kleinkalibergewehr angeschafft werden.
Gute Stimmung beim Königsschießen 1959 vor dem 1927 errichteten Schießstand.
Das Jahr 1930 war einer der Höhepunkte in der Vereinsgeschiehte. Auf der Generalversammlung am 19. Oktober 1929 wurde die Anschaffung einer Fahne beschlossen, die dann auf einem großen Stiftungsfest am 25. und 26. Mai geweiht wurde. Mit einem Diplom-Schießen, an dem 18 Nachbarvereine teilnahmen, gab es anläßlich der Fahnenweihe das erste schießsportliche Großereignis in Lichtenhorst .
Die rege Vereinstätigkeit bei immer großer Beteiligung an allen Veranstaltungen machte auch bei den Nachbargemeinden Eindruck. Lichtenhorster Schützen nahmen an vielen Schießwettkämpfen in angrenzenden Dörfern teil und waren dabei erfolgreich. Ihre Leistungen wurden geschätzt, die Verbindungen zu anderen Vereinen festigten sich mehr und mehr.
So kam der Gedanke auf, die Schützenvereine des Nordkreises Neustadt zu einem Verband zusammenzuschließen. Angeregt durch die Initiative des Lichtenhorsters Otto Schulz, wurde 1930 der Schützenbund „Wilhelm Tell“ gegründet. Erster Präsident wurde sein Gründer Otto Schulz. Dieses Amt hat er bis 1963 innegehabt. Sein Bemühen um gute Nachbarschaft war sehr erfolgreich, und es verbindet sich mit seinem Namen der gute Ruf, den der Schützenbund „Wilhelm Tell“ überall genießt. Seinem vorbildlichen Einsatz war es zu danken, dass dieser Bund schnell zu einer beispielhaften Einheit zusammenwuchs. Bei seinem Rücktritt im Jahre 1963, aus gesundheitlichen Gründen, wurde er zum 1. Ehrenpräsidenten des Schützenbundes ,,Wilhelm Tell“ ernannt.

Das erste Bundesschützenfest konnte noch 1930 in Lichtenhorst gefeiert werden. Das war ein großes Ereignis für die gesamte Dorfbevölkerung. Die eintreffenden Gastvereine wurden von Ehrendamen empfangen und mit Reiterbegleitung zum Festplatz und den Zelten geleitet. Gute Organisation und menschliche Herzlichkeit führten zu einem vollen Erfolg. Von nun an fanden die Bundesschützenfeste abwechselnd in den Gemeinden der angeschlossenen Vereine statt.


Die Aufzeichnungen über das Ergebnis des ersten Pokalschießens stammen von dem damaligen Laderholzer Schriftführer Friedrich Klausing.
Der Schützenverein Stöckendrebber war 1930
der erste Pokalgewinner im neugegründeten Schützenbund „Wilhelm Tell“.
Der Schützenverein Wendenborstel gehörte nicht zu den Gründungsvereinen, trat aber wenig später ebenfalls dem Schützenbund bei.
Das Vereinsleben nahm in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg stetig zu. Die Mitgliederzahlen stiegen von Jahr zu Jahr. Als dann der Krieg begann, hörte jedes Vereinsleben zwangsweise auf. Ein großer Teil der Vereinsmitglieder wurde eingezogen. Viele von ihnen sind gefallen.
Erst 1949 lebte der Schützenverein wieder auf, nachdem wiederum der aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrte Otto Schulz die Inititive dazu ergriffen hatte. Er wurde damals zum Vorsitzenden gewählt und bekleidete dieses Amt 15 Jahre bis 1964. Unter seiner Führung – wie auch später – wuchs die Mitgliederzahl gewaltig an.
Der großartige Zusammenhalt, so Annemarie von Weyhe in ihren „Lebenserinnerungen“, bestand auch noch nach dem 2. Weltkrieg. Da erschienen die meisten mit einer Aktentasche unterm Arm, in der sich selbstgemachter Rübenschnaps in den verschiedensten Variationen befand (Anm.: Durch Zusatz von Essenzen konnte eine Art von Likörgeschmack erreicht werden). Jeder trank von jedem, alle Eigenprodukte wurden durchprobiert.
Ich weiß auch noch, dass Tante Lina Hagedorn immer Last hatte, ihren Wilhelm mit nach Hause zu bekommen. Wir wollten alle, mehr oder weniger schwankend, mit unseren Fahrrädern nach Hause aufbrechen. Da ließ Wilhelm, als die Musik im Zelt gerade wieder einsetzte, sein Rad fallen und lief zurück.
Der alte Großimlinghaus vom Eckelshof konnte es noch besser. Den hatte seine Frau mit einem Rucksack losgeschickt, um Zucker zu holen. Erst als der zweite Schützenfesttag zu Ende war, tauchte er daheim wieder auf. Die ganze Kapelle brachte ihn nach Haus, so dass seine Frau nicht einmal schimpfen konnte.
Ein großer Spaß war es auch immer, die Schützenscheibe zu stehlen. Die musste dann der Schützenkönig wieder einlösen.
Der Schießsport im Verein nahm enorm zu. Der Schießstand bekam eine Seilzuganlage und dadurch verbesserten sich die Schießergebnisse sehr. Während vorher das Schießergebnis nur angesagt wurde, konnte sich von nun an der Schütze seine Probeschüsse selbst ansehen. 1954 fiel auch der Beschluss, nicht nur einen Schützenkönig auszuschießen, sondern auch einen Jugendkönig. Dieser Jugendkönig ist dann zum Erntefest gleichzeitig Erntekönig.
Die in der Vorkriegszeit schon gepflegte Freundschaft des Schützenvereins zu den Jägern unseres Dorfes lebte wieder auf. Unser Jagdfreund, Paul Steinbock sorgte für ein ausgezeichnetes Kleinkalibergewehr, das der Anfang zu sehr guten Schießergebnissen wurde.

Die siegreiche Mannschaft vom Schützenverein Lichtenhorst wird auf dem Bundesschützenfest 1959 in Rodewald o.B. durch den Präsidenten des Schützenbundes „Wilhelm Tell“
Otto Schulz (Lichtenhorst) geehrt.
Auf dem Bild von links nach rechts:
Heinz Hagedorn, Gerhard Küster, Heinrich Bendler, Heinrich Handorf, Siegmund Richter und Otto Schulz.
Bester Einzelschütze wurde der Lichtenhorster Gerhard Küster.
Dem Schützenbund „Wilhelm Tell“ gehören heute folgende acht Vereine an:
Schützenverein Laderholz von 1920 e.V.
Schützenverein Lichtenhorst von 1921 e.V.
Schützenverein Niedernstöcken von 1910 e.V.
Schützenverein Rodewald u.B. von 1914 e.V.
Schützenverein Rodewald m.B. von 1913 e.V.
Schützenverein Rodewald o.B. von 1921 e.V.
Schützenverein Stöckendrebber von 1910 e.V.
Schützenverein Wendenborstel von 1921 e.V.
Als 1964 Otto Schulz aus Gesundheitsgründen zurücktrat, übernahm sein Sohn Willi diese Aufgabe. In diese Zeit fällt der Beschluss, die Feste jedes Jahr abwechselnd bei Krage oder Am Stern zu feiern. Da jedoch der Schießstand am Stern war, wurde dort auch weiter geschossen.
In den nächsten Jahren wurde der Wunsch immer lauter, die Jugend unseres Dorfes vermehrt für die Schützensache zu interessieren. Für Tanzabende mit moderner Musik fand sich damals noch keine Mehrheit. Die Jugend aber wollte nicht nur Schießen und zwei Feste im Jahr erleben. So fuhren sie immer häufiger an den Wochenenden in andere Dörfer in die sogenannten Beatschuppen. So bot sich eine Lösung dadurch an, dass wir 1967 den Spielmannszug als eine Abteilung des Schützenvereins gründeten. Der damalige Lehrer, Herr Bertram, fand sich bereit, diesen Spielmannszug zu leiten. Daraufhin kaufte der Schützenverein die ersten Instrumente. Gemeinde und Kreisverwaltung taten ebenfalls ihr Schärflein dazu, so dass die jetzt 33 Mitglieder des Spielmannszuges voll mit Instrumenten versehen sind. Herr Buhlmann und Herr Martens vom Spielmannszug Steimbke sorgten für die erste Ausbildung. Sie brachten Noten mit und halfen, wo sie nur konnten.
1969 wurde der Schützenverein durch eine Damenmannschaft erweitert. Mit viel Freude und Schwung begannen die Frauen zu schießen und erzielten bald beachtliche Schießleistungen und entsprechende Erfolge. Außerdem beleben sie mit ihren schmucken Uniformen seitdem die Feste und Ausmärsche wesentlich. Als erste Vorsitzende der Damenriege wurde Luise Warneboldt gewählt. Mehr zu den Schützendamen erfahren Sie in der Rubrik Damenriege.
Am 22. April 1971 konnten wir die Einweihung des neuen Schützenhauses und das 50-jährige Vereinsjubiläum erstmals in eigenem Vereinsgebäude feiern, natürlich in besonders festlichem Rahmen. Mit Recht sind wir stolz auf das Geleistete. Nach 50-jährigem Bestehen hat der Schützenvereins nun ein eigenes Haus, das sein Weiterbestehen in der Zukunft erleichtern soll. Auch soll dieses Haus uns die Möglichkeit geben, vielerlei verschiedene Interessen darin entfalten zu können. Einen ausführlichen Bericht über das Schützenhaus können Sie in der Rubrik Schützenhaus nachlesen.













